In die Tiefe

Katar: Wenn Kritik zur Straftat wird

In Katar wurden kürzlich zwei norwegische Journalisten und ein ehemaliger WM-Organisationschef nach kritischen Äußerungen festgenommen. Einzelfälle sind das nicht. Die Unterdrückung von kritischen Stimmen am Emirat hat System.

In Katar wurden kürzlich zwei norwegische Journalisten und ein ehemaliger WM-Organisationschef nach kritischen Äußerungen festgenommen. Einzelfälle sind das nicht. Die Unterdrückung von kritischen Stimmen am Emirat hat System.

Tamim bin Hamad Al Thani arbeitet hart daran, seinem Land Bedeutung zu verleihen. Der Emir von Katar investiert in den europäischen Fußball und die europäische Wirtschaft, er gibt sich als Vermittler für westliche Großmächte oder totalitäre Organisationen. Er tut alles für sein Land. Kritik an seinem Stil mag er aber nicht.

Die WM in Katar, die kommendes Jahr stattfindet, ist ein wichtiges Event für Al-Thani und das Emirat. Jegliche Kritik an den Arbeitsbedingungen auf WM-Baustellen schadet Katars Image. Deshalb ist Al Thani darum bemüht, kritische Stimmen zu vermeiden. Er hat für sich einen Weg gefunden, um mit Kritiker*innen umzugehen. Der führt sie öfters mal ins Gefängnis.

Straftat kritische Berichterstattung

Vor gut einer Woche wurden zwei norwegische Journalisten in Katar festgenommen, nachdem sie über die Situation der Gastarbeitenden berichteten. Der Vorwurf: Sie hätten wissentlich Privatgrundstück betreten und dort gefilmt. Beide Journalisten seien auf die Polizeiwache gebracht worden, um dort ein paar Stunden zu bleiben. Ins Gefängnis mussten sie zwar nicht – dennoch zeigt das die Vorgehensweise Katars: Wer zu kritisch berichtet, muss sich mit der Polizei auseinandersetzen.

Das endet manchmal auch im Gefängnis. So beispielsweise für Abdullah Ibhais. Ibhais war früher Medienchef für das WM-Organisationskomitee und sitzt heute in Haft. Er hatte den Umgang mit einem Arbeitenden-Streik kritisiert und Chats aus dem Organisationskomitee geleakt. Gegenüber Sport inside sagte er: „In vielen Fällen ging es nur um PR-Strategie, dass die Welt positiv auf Katar blickt. Wir waren dazu da, diese Strategie zu kommunizieren. Unabhängig davon, wie schlecht es WM-Bauarbeitern wirklich ging.“ Ibhais muss wegen angeblicher Korruption fünf Jahre ins Gefängnis.

Er selbst beteuert aber seine Unschuld, sagt, er sei zum Geständnis gezwungen worden. Laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch soll ein Beamter ihm gegenüber gesagt haben: „Entweder Sie unterschreiben hier ein Geständnis oder wir schicken Sie zur Staatssicherheit, wo man weiß, wie man ein Geständnis aus Ihnen herausbekommt.“ Ibhais habe kein faires Verfahren bekommen. Die FIFA sagte, sie werde sich in der Sache nicht einschalten, lediglich „diese Angelegenheit weiterhin genau verfolgen“.

Solche Vorfälle gibt es in Katar nicht zum Ersten mal. 2015 wurden BBC-Journalist*innen festgenommen, nachdem sie über die Arbeitsbedingungen berichteten. Schon davor seien sie vom katarischen Geheimdienst überwacht worden. Zwei Wochen früher hatte es auch ARD-Journalist*innen erwischt. Diese durften erst fünf Tage nach der Festnahme das Land verlassen. Ihre technischen Geräte beschlagnahmte die Polizei und schickte sie später teilweise stark beschädigt nach Deutschland zurück.

Systematische Unterdrückung

Katar benutzt solche Vorgehensweisen nicht nur, wenn es um die WM 2022 geht. Das Emirat inhaftiert regelmäßig Menschenrechtler*innen, Aktivist*innen oder Systemkritiker*innen. So hat man zum Beispiel 2011 den katarischen Dichter Mohammed al-Ajami zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil seine Gedichte „als Anstiftung zum Umsturz und Beleidigung des katarischen Emirs“ gewertet worden sind. (Quelle: Amnesty International) Emir Al-Thani begnadigte al-Ajami nach fünf Jahren.

Wieder einmal Kritik am Staat, die in Katar nicht erwünscht ist und möglichst unterdrückt wird. In der Diktatur Katar ist schon die Staatsform darauf ausgerichtet, keine Kritik zuzulassen. Es gibt keine Opposition, keine Pressefreiheit, keine Meinungsfreiheit.

In Katar gilt nur die Meinung der Mächtigen. Es entscheidet der Herrscher, Emir Al-Thani. Und der hat seinen Stil gegen Kritik etabliert. Geschadet hat ihm das bisher nicht. Ganz im Gegenteil: Nächstes Jahr darf er Katar im schillernden Scheinwerferlicht des Weltfußballs präsentieren.

Bilder: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Doha-Katar-from_the_air2014.JPGCreative Commons Lizenz (bearbeitet)

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