Nur Stunden bevor die UEFA zur geplanten Champions-League-Reform berät ist nun offiziell, was die letzten Tage schon als Gerücht in der Luft waberte: Zwölf Top-Klubs aus Spanien, England und Italien haben eine Erklärung veröffentlicht in der sie bekräftigen, zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine eigene Super League zu gründen. Die UEFA droht mit Ausschlüssen aus allen Bewerben inklusive der nationalen Ligen. Welche Auswirkungen drohen nun dem europäischen Vereinsfußball?
Eigentlich wollte die UEFA am heutigen Montag in Genf über das weitere Vorgehen in der Champions-League-Reform beraten um genau das zu verhindern, was nun eingetroffen ist: Zwölf europäische Top-Klubs verkündeten in der Nacht in einer gemeinsamen Erklärung die Gründung eines eigenen Wettbewerbs.
Die zwölf Gründungsmitglieder sind Atlético Madrid, Real Madrid, FC Barcelona aus Spanien, die italienischen Vereine Juventus Turin, AC Mailand, Inter Mailand, sowie die aus England Manchester United, Manchester City, FC Chelsea, FC Liverpool, FC Arsenal und Tottenham.
Die Klubs begründen die Gründung unter anderem damit, dass die Corona-Pandemie die „Instabilität des bestehenden Wirtschaftsmodells im europäischen Fußball“ weiter beschleunigt hätte. „Die Pandemie hat gezeigt, dass eine strategische Vision und ein nachhaltiger wirtschaftlicher Ansatz erforderlich sind“, hieß es weiter im Statement. Die Klubs wollen mit der Super League nun die Lösung für die wirtschaftlichen Herausforderungen gefunden haben.
Die Super League soll „ein deutlich größeres Wirtschaftswachstum und eine Unterstützung für den europäischen Fußball bieten, indem es sich langfristig für unbegrenzte Solidaritätszahlungen einsetzt“. Diese Solidaritätszahlungen sollen wesentlich höher sein, als die aus den aktuellen europäischen Wettbewerben zu Generierenden. Die Rede ist von mehr als zehn Milliarden Euro. Außerdem sollen diese Zahlungen sich am Wachstum der Liga orientieren, wächst die Liga, gibt es noch mehr Geld.
Geld könnte auch die größte Attraktivität für die Gründungsmitglieder gewesen sein. Viele Klubs wie etwa der FC Barcelona sind hoch verschuldet und können die enormen Summen, die versprochen wurden sehr gut gebrauchen. Bekommt man derzeit in der Champions League etwas über 15 Millionen Euro als Startgeld, so gibt es für die Gründungsmitglieder quasi als „Signing-Bonus“ 3,5 Milliarden Euro. Gerade jetzt in der Corona-Pandemie, wo Zuschauereinnahmen wegbrechen, natürlich ein riesiges Lockangebot für die Topklubs Europas.
Die 3,5 Millarden sollen die Klubs bekommen um in Infrastruktur investieren zu können und die Auswirkungen der Pandemie abzufedern. Finanzieren soll dies die US-amerikanische Investmentbank JP Morgan. Interessant ist auch, dass die Organisatoren bei diesen gewaltigen Geldsummen aber anscheinend die Intention haben, den „Gründungsklubs einen Ausgabenrahmen“ unterzeichnen zu lassen. Ob dies eine Art neues „Fiancial Fairplay“ werden soll ist noch ungeklärt, nähere Details gab es hier noch nicht.
Der geplante Modus
Zu den derzeit zwölf Klubs sollen noch drei hinzukommen um somit 15 Gründerklubs zu komplettieren, die fix jedes Jahr für die Super League qualifiziert sind. Hinzu sollen fünf externe Klubs stoßen. Diese sollen durch einen noch nicht näher vorgestellten Quali-Modus ermittelt werden.
Geplant ist der Wettbewerb ähnlich wie die Champions League, sprich mit Gruppenphase und K.O.-Runde. Jedes Jahr im August soll die Super League mit zwei Zehner-Gruppen starten. Dort werden dann in Heim- und Auswärtsspielen die Teams bestimmt, die in die K.O.-Runde einziehen. Die ersten drei Mannschaften qualifizieren sich automatisch für das Viertelfinale. Der Viert- und Fünftplatzierte spielen sich in einem Play-Off mit Hin- und Rückspiel den verbleibenden Viertelfinalplatz aus.
Auch die K.O.-Runde nimmt sich wieder Anleihen am derzeitigem Champions League-Format. Die Viertel- und Halbfinalspiele werden mit Hin- und Rückspiel ausgetragen. Das Finale soll schließlich im Mai an einem neutralen Ort stattfinden.
Auch die Frauen sollen eine Super League bekommen, sobald die der Männer etabliert wurde. Dadurch soll laut Statement „der Frauen-Fußball vorangebracht werden“.
Stimmen der Gründer
Vorsitzender des neuen Wettbewerbs ist der Präsident von Real Madrid, Florentino Perez. Er sprach davon mit der Super League „den Wünschen der vier Milliarden Fußballfans zu entsprechen“. Zustimmung bekam er von Juventus Turin-Boss Andrea Agnelli, der gleichzeitig auch amtierender Vorsitzender der Klubvereinigung ECA und nun auch stellvertretender Vorsitzender der Super League ist: „Wir haben uns in diesem kritischen Moment zusammengetan, um den europäischen Wettbewerb zu verändern, das Spiel, das wir lieben, auf eine nachhaltige Grundlage für die langfristige Zukunft zu stellen.“ Zudem wolle man „die Solidarität erheblich steigern
Auch Joe Glazer, Milliardär und Vorstandsvorsitzender von Manchester United äußerte sich: „Durch die Zusammenführung der weltbesten Vereine und Spieler wird die Super League ein neues Kapitel für den europäischen Fußball aufschlagen, ein Weltklassewettbewerb wird damit sichergestellt und finanzielle Unterstützung für die breitere Fußballpyramide erhöht“.
Reaktion der UEFA, FIFA
Im Statement der Gründerklubs heißt es zwar: „Die Gründerklubs freuen sich darauf, Gespräche mit der UEFA und der FIFA zu führen und in partnerschaftlicher Zusammenarbeit die besten Ergebnisse für die neue Liga und den gesamten Fußball“. Bei einer von der UEFA und den betroffenen Ligen ausgegebenen Mitteilung ließt man aber wenig von einer partnerschaftlichen Bereitschaft, stattdessen wurden harte Sanktionen angekündigt.
Man wolle das „zynische Projekt“ Super League stoppen. Den Gründer-Klubs droht ein Ausschluss aus den internationalen UEFA-Bewerben, wie der Champions- und Europa-League aber auch die Verbannung aus den nationalen Ligen. Besonders brisant: Auch die teilnehmenden Spieler dürften nicht mehr für ihre Nationalteams auflaufen.
Dank sprach die UEFA den Klubs aus Frankreich und Deutschland, z.B. Bayern, BVB, PSG aus, die für die Super League angefragt wurden, aber ablehnten. Die Mitteilung endet mit den drastischen Worten „Genug ist genug.“
Auch die FIFA veröffentlichte eine Stellungnahme, in der sie „Pläne, die die Grundprinzipien Solidarität, Inklusivität, Integrität und gleichberechtigte finanzielle Umverteilung nicht widerspiegeln“ klar missbilligte.
Die Gründungsmitglieder der Super League, haben gegen die Sanktionen der UEFA schon rechtliche Schritte angedroht. Die Sanktionen der UEFA würden die Finanzierung des neuen Bewerbs gefährden und seien zudem rechtswidrig ist in dem Schreiben zu lesen.
Reaktion aus Deutschland
Die angefragten deutschen Klubs, Bayern und Dortmund, erteilten beide der Super League eine Absage, dies gab BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bekannt. Auch DFL-Geschäftsführer Christian Seifert äußerte sich deutlich: „Wirtschaftliche Interessen einiger Top-Klubs aus England, Italien und Spanien dürfen nicht die Abschaffung gewachsener Strukturen im gesamten europäischen Fußball zur Folge haben“. Die nationalen Ligen auf diese Art und Weise zu beschädigen, sei „unverantwortlich“.
Seifert dürfte damit auch klar gemacht haben, dass es ein gleichzeitiges Antreten von deutschen Klubs in der Super League und der Bundesliga nicht geben wird.
Mögliche Auswirkungen
Die Auswirkungen einer wirklichen Abspaltung sind derzeit schwer vorauszusehen. Man könnte sich aber auf jeden Fall auf jahrelange Rechsstreits und Klagen in Milliardenhöhe von Rechteinhabern und Sponsoren einstellen. Man denke hier nur an die gewaltigen Summen, die Sender bezahlen müssen, wenn sie die englische Premier League übertragen wollen. Würde die nun in Zukunft ohne die komplette Riege der Topklubs stattfinden, wäre es nur allzu verständlich, wenn sich die Sender betrogen fühlen würden.
Wie man Jugendausbildung, Transfers und ein Ko-Existieren von Super League, nationalen Ligen und internationalen UEFA-Wettbewerben unter einen Hut bekommen will, wird Stoff für lange Debatten sein.
Weitere Entwicklung
Trotz der Bekanntgabe der Super League hat die UEFA ihre Pläne für die Champions League-Reform nun umgesetzt. Damit könnte nun eine historische Spaltung im europäischen Vereinsfußball vor der Tür stehen. Die Bekanntgabe der Super League so knapp vor diesem Treffen könnte aber durchaus auch ein Indikator dafür sein, dass die Klubs einfach eine Machtdemonstration abgeben wollten und sich dadurch eine bessere Position für etwaige neue Verhandlungen zu verschaffen. Es wäre damit aber wohl der größte Bluff in der Sportgeschichte.
Sollten die Klubs allerdings auf die Gründung der Super League beharren, droht ein gewaltiger Rechtsstreit. Die UEFA hat sich dafür aber schon im Dezember die Rückendeckung der Europäischen Kommission geholt. Dort wurde die hohe Schutzbedürftigkeit des europäischen Sportmodells mit offenen Ligen und Auf- und Abstieg nochmals bekräftigt.
Auch die Staatschefs von England und Frankreich, Boris Johnson und Emmanuel Macron, haben sich inzwischen gemeldet und der UEFA beim Schutz der „Integrität der Wettbewerbe“ volle Unterstützung zugesichert.
Ob die Super League nun auch umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Schließlich wurde sie auch in der Vergangenheit immer dann ins Gespräch gebracht, wenn es beispielsweise um die Verteilung der TV-Gelder ging. So oder so, den europäischen Vereinsfußball erwarten stürmische Zeiten.
Bild: Unsplash/Vienna Reyes
0 Kommentare zu “Super League – was droht jetzt Europas Fußball?”