In die Tiefe

Klub-WM: Ist das noch gut oder muss das weg?

Mitten in einer Pandemie reisen sieben Mannschaften nach Katar um einen Titel auszuspielen, der eigentlich niemanden interessiert. Warum uns die Klub-WM zu denken geben sollte und ob man vielleicht mehr Titel abschaffen sollte. Ein Kommentar von Lukas Salfinger.

Mitten in einer Pandemie reisen sieben Mannschaften nach Katar, um einen Titel auszuspielen, der eigentlich niemanden interessiert. Warum uns die Klub-WM zu denken geben sollte und ob man vielleicht mehr Titel abschaffen sollte. Ein Kommentar von Lukas Salfinger.

Sechs Titel hat der FC Bayern im letzten Jahr geholt (die Klub-WM wird noch zum Kalenderjahr 2020 gerechnet). Damit haben die Münchener in jedem Bewerb, indem sie angetreten sind, auch den Titel geholt. Dieses Kunststück gelang bisher einzig Pep Guardiolas Barca-Team 2009. Zweifellos also eine der beeindruckendsten Leistungen, die es im Vereinsfußball je gegeben hat. Doch warum sind es inzwischen überhaupt soviele Titel geworden?

So gibt es zusätzlich zu den klassischen drei großen Bewerben (Meisterschaft, Pokal, Europapokal) nochmal drei Titel zu gewinnen, den UEFA Supercup, den nationalen Supercup sowie die Klub-Weltmeisterschaft. In England könnte man mit dem Ligapokal sogar sieben Trophäen gewinnen. Aber braucht es diese Fülle an Titel überhaupt, wir blicken genauer auf die einzelnen Bewerbe.

Klub-Weltmeisterschaft

Die kürzlich mit dem Gewinn der Bayern zu Ende gegangene Klub-WM ist, unter diesen zusätzlichen Titeln, vielleicht noch der prestigeträchtigste. Die Idee klingt ja auch reizvoll, man lässt die besten Mannschaften der ganzen Welt in einem Turnier den Titel eines Weltmeisters ausspielen. Das Problem ist nur, diesen Bewerb gibt es schon und der heißt nicht Klub-WM sondern Champions League.

Die Vorherrschaft der europäischen Mannschaften ist dermaßen dominant, dass man den CL-Sieger getrost als Weltmeister bezeichnen könnte und wohl niemand würde sich beschweren. In den amerikanischen Major-Ligen hat man sich damit ja auch abgefunden. Um die Dominanz zu verdeutlichen, reicht ein Blick auf die Siegerliste der Klub-WM. Dort hat zuletzt 2012 eine nicht-europäische Mannschaft den Pokal gewonnen.

Seitdem holen sich die Champions-League-Sieger den Titel quasi im Vorbeigehen. Man spielt schnell zwei Spiele gegen Mannschaften dessen Namen selbst mancher Profi zum ersten Mal hört, schüttelt kurz zwei Scheichs die Hände, reckt den Pokal in die Höhe und klebt sich den Weltmeister-Badge aufs Trikot, damit sich der Trip wenigstens für die Merchandising-Abteilung gelohnt hat.

Auch für die Fans ist die Klub-WM selten Anlass für Euphoriestürme und Autokorsos nach dem Titelgewinn. Am Ende ist es eben ein Titel, der zwar nice to have ist, hätten die Bayern im Finale verloren, es wäre aber wohl jedem nach zwei Tagen auch egal gewesen.

Hätten „Die FC-Bayern-Spieler könnten ja als Impf-Vorbilder wirken“-Rummenigge und „Skandal ohne Ende“-Hoeneß nicht kurz ihre Fassung verloren und die Bayern-Spieler nicht zweimal kurz 90 Minuten kicken müssen, man hätte die Bayern-Profis wohl leicht mit jenen Influencer*innen verwechselt, die derzeit in den Emiraten mit Yoga-Übungen versuchen, die Pandemie wegzuatmen.

Dass es in der Zeit von Covid-19 sowieso reichlich dämlich ist, sieben Mannschaften aus allen Teilen der Welt auf einen Ort zusammenzuholen, um hier eine Art Superspreader-WM auszutragen, erklärt sich wohl von selbst. Thomas Müller lässt herzlich grüßen.

Und wo wenig Voraussicht ist, kann die FIFA rund um Gianni Infantino nicht weit sein. Dieser hat vor kurzem nochmal seine Pläne bekräftigt, die Klub-WM auf 24 Mannschaften aufzustocken, um „den weltweiten Wettbewerb anzuregen“. Also noch mehr Spiele und noch mehr Mannschaften. Will man als Profi irgendwann nochmal Urlaub machen, würde ich stark empfehlen die Champions League am besten schon in der Gruppenphase zu verlassen, um nicht Mitte August ein Klub-WM-Achtelfinale gegen Ludogerets Razgrad spielen zu müssen.

UEFA-Supercup & DFL Supercup

Auch bei diesem Wettbewerb ist es fraglich, was man durch den Titel eigentlich genau gewonnen hat. In einem einzigen Spiel zwischen Champions League- und Europa-League-Sieger soll ermittelt werden, wer der stärkere von beiden ist. Die Frage, die sich stellt ist aber, warum ist das wichtig?

Sollte der Gewinn der schwieriger zu erreichenden und damit auch zu gewinnenden Champions League nicht Beweis genug sein, wer der fußballerischer Herrscher über Europa ist? Schließlich kämpft man sich in der CL durch die Spitzenklasse Europas, während es für Top-Mannschaften in der Europa League-Gruppenphase oft schon reicht, den zweiten Anzug hinzuschicken und trotzdem relativ souverän zu gewinnen.

Außerdem ist die Aussagekraft eines einzelnen Spiels, das Mitte August stattfindet, mehr als zweifelhaft. Für die Mannschaften ist es meist das erste oder zweite Pflichtspiel der Saison, dementsprechend sind die meisten bei weitem noch nicht auf dem fußballerischen Niveau der Vorsaison. Die vermeintliche Entscheidung um den europäischen Fußballthron, läuft somit komplett konträr zum eigentlichen Rhythmus der Mannschaften.

Wer den UEFA-Supercup schon sinnlos fand, bekommt mit dem DFL Supercup nun seinen kleinen Bruder serviert. Hier begegnen sich, am Saisonanfang, der deutsche Meister und DFB-Pokalsieger im Kampf um die „heiß begehrte“ Trophäe des Supercups. In der Praxis heißt dies meist der FC Bayern gegen Mannschaft X.

Auch hier findet das Spiel meist noch mitten in der Vorbereitung der beiden Mannschaften statt, dementsprechend locker nehmen die Beteiligten meist das Abschneiden bei diesem Spiel.

Außerdem reicht die Strahlkraft dieses Cups genau so lange, bis der erste Pass in der Bundesliga gespielt ist und es jedem Fan wieder komplett egal ist, wer sich da eine Woche zuvor zum Vorbereitungsmeister gekrönt hat.

Also ebenfalls ein Stück Silber „nice to have“ aber auch nicht mehr.

Fazit:

Genau hier liegt aber das Problem. Titel sollten nicht „nice to have“ sein, sondern Objekte der Begierde, die für Fans und Verein die Erfüllung jahrelanger Träume sind. Es ist wohl auszuschließen, dass etwa Leon Goretzka als Kind davon geträumt hat, wie er den DFL-Supercup in den Nachthimmel von Dortmund reckt.

Man will Titel mit Tradition und Prestige sehen, die schwer zu gewinnen sind und nicht als nette Beigabe zum Meister oder CL-Titel wirken. Also warum diese Titel nicht einfach abschaffen, sich wieder zurück auf die wichtigen Titel besinnen und gleichzeitig den überlasteten Profis ein oder zwei Wochen mehr Urlaub gönnen?

Da die FIFA und UEFA schon rein aus finanziellen Interesse wohl kaum diesen Überlegungen zustimmen werden, hier wenigstens eine Bitte an alle Klub-Museen in Deutschland:
Bitte stellt die Supercup-Pokale und die Klub-WM-Trophäen mindestens einen Meter hinter die anderen Titel. Man bekommt mit Meisterteller und Co. ja richtig Mitleid wenn hier der Supercup wie ein gleichwertiger Titel präsentiert wird.
man käme ja auch nicht auf die Idee Elvis Presley, Paul McCartney und Bob Dylan in die selbe Reihe wie den Wendler zu stellen.

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