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„Fans werden sich millionenfach abwenden“

Verlieren die Fans das Interesse am Fußball? Ja, sagt Fanforscher Harald Lange. Er kritisiert die zunehmende Kommerzialisierung und prophezeit ein Image-Problem bei den Fans.

Verlieren die Fans das Interesse am Fußball? Ja, sagt Fanforscher Harald Lange. Er kritisiert die zunehmende Kommerzialisierung und prophezeit ein Image-Problem bei den Fans.

Die Fußballstadien der Bundesligen bleiben leer. Das wird sich wohl noch mindestens bis ins Frühjahr 2021 nicht ändern. Strömen die Fans dann wieder zahlreich ins Stadion? Oder hat der Fußball in der Pandemie seinen Reiz verloren?

Harald Lange (52) ist Fanforscher an der Universität Würzburg. Gegenüber dem MDR schildert er seinen Eindruck der Fan-Szene. „Die Fußball-Fans sind genervt – und zwar nicht nur die Ultras, sondern das negative Image der großen Lenker im Fußball greift um sich.“

Gerade die Corona-Pandemie hatte Diskussionen über die gesellschaftliche Rolle des Profifußballs ausgelöst. „So merken die Anhänger quer über alle Tribünen-Bereiche hinweg, dass eine große Differenz zwischen ihrer Lebenswirklichkeit und dem abgehobenen Profifußball liegt. Sie werden ihre Leidenschaft zurückfahren und sich abwenden – und das millionenfach.“

Kommerz sticht Werte des Spiels

Lange sieht die zunehmende Kommerzialisierung als Ursache des Problems. „Die Schere zwischen den Fans, die auf Tradition, Werte und sportliche Chancengleichheit setzen, und denen, die mit Fußball einfach nur Geld maximieren wollen, wird immer größer. Das ist eine riesiger Wertekonflikt, woraus dramatische Folgen drohen.“

Als Beispiel nennt er den Fall Dynamo Dresden. Der Drittligist musste in der vergangenen Saison acht Spiele in 22 Tagen absolvieren. Spiele, die über Dresdens Ligazugehörigkeit entschieden. Zuvor waren Partien verlegt worden, weil einige Spieler und Verantwortliche positiv auf das Coronavirus getestet worden waren.

„Der Fall Dynamo ist ein Musterbeispiel“, sagt Lange. „Die Werte des Sports werden ganz bewusst auf den Kopf gestellt, es wird sich ausschließlich an Werten des Kommerz orientiert. Dadurch geht es auf Kosten von anderen, die auf sportlichem Weg betrogen werden. Das löst massive Ungerechtigkeitsgefühle aus, schwächt insgesamt den Wettbewerb.“

Auch die Verteilung der TV-Gelder sieht Lange kritisch. Dass der FC Bayern dreimal mehr Erlöse bekommt wie Arminia Bielefeld, sei unfair, weil nicht jeder dieselben Chancen hätte.

Pilz: „Die Stadien werden wieder voll sein.“

Sportsoziologe Gunter A. Pilz hingegen glaubt nicht, dass sich die Fans nach der Pandemie zurückhalten werden. „Sobald die Auflagen nicht mehr nötig sind und es wieder Bier und Bratwurst gibt, werden die Stadien wieder voll sein. Ich würde sogar meine Haut verwetten, dass Fans aller Sportarten ihren Vereinen erst recht die Bude einrennen.“

Beide sind sich aber einig, dass die neu gegründete „Taskforce Zukunft Profifußball“ entscheidend sein wird als Wegweiser in einen nachhaltigen Fußball. „Wenn man in den Arbeitsgruppen keine zukunftsfähigen Konzepte entwickelt, könnte es einen Einbruch geben. Aber ich bin da zuversichtlich“, sagt Pilz. 

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